Electro Swing Adsorption

für Direct Air Capture-Anwendung
Projekt abgeschlossen

 Für dieses Projekt ist die Förderung abgeschlossen. Gefördert wurde das Promotionsprojekt mit dreijähriger Laufzeit am Institut für Mikroverfahrenstechnik (IMVT) des KIT durch die Vector Stiftung. Wenn Sie Interesse haben, ein Projekt dieser Art zu unterstützen, wenden Sie sich an unsere Mitarbeitenden im Kontakt. Über die Schaltfläche „Wie Sie fördern können“ gelangen Sie zu den Informationen über unsere Fördermöglichkeiten.

Darum geht es   

In einer postfossilen Welt wird Kohlendioxid aus der Luft zu einer wichtigen Kohlenstoffquelle für chemische Produkte und Energieträger für Anwendungen im Transportsektor, die rein elektrisch schwer oder gar nicht möglich sind. Die heute verfügbaren Verfahren zur Kohlendioxidgewinnung aus der Umgebungsluft, sogenannte „Carbon Capture and Storage“ (CCS) - Technologien zur dauerhaften Entfernung des Treibhausgases CO2 aus dem anthropogenen Kohlenstoffkreislauf - benötigen bisher noch vergleichsweise viel Energie und sind kostenintensiv. Der Lösung dieses Problems widmete sich das durch die Vector Stiftung geförderte dreijährige Promotionsprojekt „Electro Swing Adsorption for CO2 Direct Air Capture“ am Institut für Mikroverfahrenstechnik (IMVT) des KIT unter der Leitung von Prof. Dr. Roland Dittmeyer. Im Vorhaben sollte ein neuer, möglicherweise sehr viel energiesparenderer Ansatz zur direkten Entnahme von Kohlendioxid aus der Umgebungsluft zur Verwendung als chemischer Rohstoff oder Brennstoff mit Hilfe schaltbarer Elektroden aufgegriffen und auf Praxistauglichkeit hin überprüft werden. Die Herstellung eines ersten praktischen Moduls zur Erprobung im Laborbetrieb war Teil der Ziele.

Die Herstellung eines ersten praktischen Moduls zur Erprobung im Laborbetrieb war Teil der Ziele.
 

Das wurde erreicht  

Im Einzelnen wurden die folgenden Aufgaben umgesetzt:  

  • Literaturrecherche
  • Identifizierung, Aufbereitung und Charakterisierung von vielversprechenden  Elektrodenmaterialien für die Elektroschwingungsadsorption 
  • Elektrodenherstellung und -prüfung in einer Laboranlage
  • Entwicklung eines Proof-of-Concept-Moduls
  • Experimentelle und theoretische Bewertung
  • Analyse der Techno-Ökonomie

Darüber hinaus erfolgte eine Zusammenarbeit mit einer Gruppe am Massachusetts Institute of Technology (MIT) sowie deren Spin-off, um die vom IMVT vorgeschlagene Vision der Integration von Kohlendioxid-DAC in HVAC-Systeme in Gebäuden zu verwirklichen.

weiterlesen
In Kooperation mit den Mitarbeitenden der Forschungsgruppe „Biofunktionale Materialsysteme“ am Institut für Biologische und Chemische Systeme (IBCS-FMS) unter der Leitung von Prof. Dr. Pavel Levkin gelang im ersten Projektjahr die Synthese einer Reihe von elektroaktiven organischen Materialien für die Herstellung der Elektroden eines Electro Swing Adsorption Systems. Es konnte auch gezeigt werden, dass diese vielversprechenden Stoffe auf Kohlenstoffnanoröhren aufgetragen werden können, die für den Aufbau geeigneter Elektrodenstrukturen notwendig sind.  

Für das zweite Projektjahr waren die Herstellung und Charakterisierung von Elektroden mit einer aktiven Fläche von etwa 5 cm x 5 cm geplant. Sie sollten die Grundlage für ein voll funktionsfähiges Konzeptmodul bilden, mit dem die Durchführbarkeit dieser Art der Electro Swing Adsorption belegt werden sollte. Trotz der dazwischenliegenden COVID-19-Pandemie und der damit einhergehenden Einschränkungen und Verzögerungen der Laborarbeit wurde der Fortschritt der experimentellen Arbeiten nicht aufgehalten. Die Forschungsgruppe konnte im dritten Projektjahr ein Konzeptmodul demonstrieren.  

Die Untersuchungen sollten Aufschlüsse auf das Betriebsverhalten, insbesondere der Stabilität und den Energiebedarf geben und Optimierungsmöglichkeiten aufzeigen. Basierend auf diesen Erfahrungen und in Zusammenarbeit mit weiteren flankierenden Forschungsarbeiten konnten Material- und Designoptimierungen vorgeschlagen und untersucht werden.

Zahlen und Fakten

Projektlaufzeit:
01.02.2020 bis 31.12.2023
Gesamtfördersumme:
320.000 Euro
Förderpartner:
Vector Stiftung, Stuttgart
Projektverantwortung KIT:
Mohanna Hosseini, Institut für Mikroverfahrenstechnik (IMVT)
Hintergrundinformationen
Neben den großen industriellen Punktquellen kann Kohlendioxid auch aus Anlagen zur Umwandlung von Biomasse, z. B. Biogas, oder direkt aus der Atmosphäre gewonnen werden. In diesem Zusammenhang sind zwei Punkte zu beachten. Erstens ist die Menge an Kohlendioxid, die in einer postfossilen Welt noch aus punktuellen Quellen zur Verfügung steht, auf Prozesse beschränkt, die Kohlendioxidemissionen erzeugen, die nicht der Strom- oder Wärmeerzeugung dienen (z. B. Zement, Zellstoff und Papier, eventuell Stahl, bestimmte chemische Prozesse), sowie auf die Umwandlung von Abfällen in Energie und eventuell auf den Ausgleich der Strom- und Wärmeerzeugung aus gespeicherten chemischen Energieträgern, und reicht daher höchstwahrscheinlich nicht aus, um den Bedarf an Kohlenstoff zu decken. Zweitens birgt die Abscheidung von Kohlendioxid aus der Umgebungsluft zur Verwendung als chemischer Rohstoff oder Brennstoff das Potenzial, einen (nahezu) zirkulären Weg der Kohlenstoffnutzung zu etablieren, da der Kohlenstoff nach der Verwendung wieder in die Atmosphäre zurückgeführt wird. Für dieses System ist es wichtig, dass die Energie und die Verarbeitungsanlage, die für die Abscheidung und Umwandlung des Kohlendioxids in Brennstoffe und Chemikalien benötigt werden, einen vernachlässigbaren Kohlendioxid-Fußabdruck aufweisen. Die Abscheidung von Kohlendioxid aus der Luft kann durch Aufnahme über Biomasse oder durch Kontakt der Luft mit einem flüssigen Absorptionsmittel oder einem festen Adsorptionsmittel erfolgen. Die beiden letztgenannten Verfahren werden unter dem Begriff Direct Air Capture (DAC) zusammengefasst.
Der Weg über Biomasse bietet heute Kostenvorteile, benötigt aber deutlich mehr Land, insbesondere Ackerland, was eine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion darstellt. Daher wird die DAC weltweit als Notwendigkeit angesehen. Allerdings sind der Energiebedarf und die Kosten von DAC heute noch hoch, mit etwa 1,5 MWh Wärme und 500 kWh elektrischer Energie und zwischen 100 € und 500 € pro Tonne abgeschiedenen Kohlendioxids.

Das Institut für Mikroverfahrenstechnik entwickelt kompakte Systeme zur Abtrennung von Kohlendioxid und dessen Umwandlung in Kraftstoffe und Chemikalien, vor allem im Hinblick auf dezentrale Anwendungen in verschiedenen Projekten, z. B. Kopernikus Power-to-X. Eine kürzlich in Nature Communications veröffentlichte Vision geht davon aus, dass solche Systeme sogar in große Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen (HVAC) in Gebäuden integriert werden könnten, in denen ohnehin große Mengen an Luft in Kontakt kommen und die mit einer zusätzlichen DAC-Funktion ausgestattet werden könnten, um als Kohlendioxidlieferant für die Umwandlung in Brennstoffe und Chemikalien in der Nähe oder sogar vor Ort zu dienen.

In einer kürzlich erschienenen Veröffentlichung hat ein Team des MIT gezeigt, dass Kohlendioxid auch an eine polarisierte Elektrode gebunden werden kann, die es nach einem Polaritätswechsel wieder freigibt. Auf diese Weise werden Wärme- und Druckzyklen weitgehend vermieden, was den Energiebedarf des Prozesses senken kann. Die Gruppe hat für das System einen geschätzten Energieverbrauch von 0,28 MWh und einen Kostenbereich von 50-100 USD pro Tonne Kohlendioxid ermittelt. Dies wäre ein bemerkenswerter Schritt nach vorn bei der DAC. Die Gruppe gründete auch das Spin-off-Unternehmen Verdox, um diese Technologie zu vermarkten.

Kontakt

 

Weitere Themen